Thomas Hinderlich Portrait

Durch die Pandemie sind Arbeitnehmer/innen in teils großem Umfang in Kurzarbeit versetzt worden. Die Einführung von Kurzarbeit setzt voraus, dass der Arbeitsausfall als aller Voraussicht nach vorübergehend anzusehen ist. Ein dauerhaft geringerer Beschäftigungsbedarf schließt die Einführung von Kurzarbeit aus. Kurzarbeit stellt ein Instrument zur Erhaltung von Arbeitsplätzen dar, nicht jedoch eines zum Hinausschieben von Kündigungen. Mit der Einführung von Kurzarbeit macht der Arbeitgeber deutlich, dass er nach dem Ende des Bezuges von Kurzarbeitergeld davon ausgeht, das Arbeitsverhältnis im vertraglichen Umfang fortzusetzen.

Im Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes (für Betriebe mit mehr als 10 Mitarbeiter/innen) kann daher das betriebliche Erfordernis für den Ausspruch einer Kündigung nicht mit denselben Umständen begründet werden wie die Einführung von Kurzarbeit.

Da die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses immer das letzte Mittel darzustellen hat, ist Voraussetzung einer wirksamen betriebsbedingten Kündigung auch in der Corona-Krise, dass der Arbeitsplatz dauerhaft wegfällt. Davon ist nach Einführung von Kurzarbeit nicht ohne weiteres auszugehen. Vielmehr spricht die Kurzarbeit gerade gegen einen dauerhaft gesunkenen Beschäftigungsbedarf, wie es u. a. das Arbeitsgericht Berlin mit Urteil vom 5.11.2020, Az. 38 Ca 4569/20 entschieden hat.

Der Arbeitgeber kann hier verpflichtet sein, vor Ausspruch der Kündigung zunächst zu prüfen, ob die Einführung von Kurzarbeit als gegenüber der Kündigung milderes Mittel möglich ist. Allein die Erklärung, es habe einen starken Umsatzrückgang gegeben und man habe nicht anders auf denselben reagieren können, als eine Anzahl von Kündigungen auszusprechen, ist nach einer weiteren Entscheidung des Arbeitsgerichts Berlin vom 25.8.2020, Az. 34 Ca 664/20 (bestätigt im weiteren Parallelverfahren) keine ausreichende Begründung zur Rechtfertigung einer betriebsbedingten Kündigung.

Vorstehende Maßstäbe sind auch an den Ausspruch einer Änderungskündigung anzulegen. Dies gilt nach einem weiteren Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 25.8.2020, Az. 34 C 6664/20 u. a. auch für den Fall, dass beispielsweise anstelle einer Versetzung an einen anderen Arbeitsort auch die Möglichkeit einer Tätigkeit von Zuhause aus im Homeoffice möglich gewesen wäre. Diese Entscheidungen sind allerdings noch nicht rechtskräftig, wohl hinsichtlich der Frage, ob nicht berechtigte Interessen des Arbeitgebers der Zuweisung einer Tätigkeit im Homeoffice entgegenstehen.

Fazit: Auch unter den Bedingungen von Corona-Pandemie und Lockdown ergeben sich für Arbeitgeber keine erleichterten Kündigungsmöglichkeiten. Die Kündigungsschutzklage, die binnen drei Wochen nach Zugang der Kündigung bei dem zuständigen Arbeitsgericht eingereicht werden muss, bietet nach wie vor erfolgreiche Möglichkeiten, den Arbeitsplatz zu erhalten oder die Zahlung einer Abfindung durch den kündigenden Arbeitgeber zu erreichen.