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Der Bundesgerichtshof entschied am 27.10.2021 (Az. XII ZB 123/21), dass Großeltern für Unterhaltszahlungen ihrer Enkel aufkommen müssen, wenn es die Kindesmutter bzw. der Kindesvater nicht kann. Allerdings habe der Staat keine Handhabe, den Unterhalt einzufordern.

Der Entscheidung lag die familiäre Konstellation zugrunde, dass ein Kindesvater, dessen Nettoeinkommen 1.400 EUR betrug, seiner geschiedenen Ehefrau für die gemeinsame Tochter monatlich 100 EUR Kindesunterhalt zahlte. Daneben zahlte er weiteren Unterhalt für seinen Sohn.

Die Unterhaltsvorschusskasse forderte von dem Kindesvater weiteren Unterhalt für die gemeinsame Tochter in Höhe von rund 760 EUR für den Zeitraum von Juni 2016 bis Ende 2017. Der Kindesvater weigerte sich und verwies auf seine eigenen Eltern, denen ein monatliches Nettoeinkommen von 3.500 EUR und 2.200 EUR zur Verfügung stand.

Hintergrund dessen ist, dass unterhaltspflichtigen Elternteilen ein angemessener Selbstbehalt von seinerzeit 1.300 EUR (aktuell: 1.400 EUR) zusteht. Sind sie allerdings minderjährigen Kindern zum Unterhalt verpflichtet, steht ihnen nur ein notwendiger Selbstbehalt von seinerzeit 1.080 EUR (aktuell: 1.160 EUR) zu. Hiervon macht der Gesetzgeber eine Ausnahme, nämlich dann, wenn ein anderer unterhaltspflichtiger Verwandter vorhanden ist.

Der Bundesgerichtshof führt aus, dass damit auch die Großeltern gemeint seien. Als Verwandte in gerader Linie seien sie ihren Enkelkindern grundsätzlich auch zum Unterhalt verpflichtet.

Im konkreten Fall ging der Bundesgerichtshof von der Leistungsfähigkeit des Großvaters aus, sodass der Kindesvater den von der Unterhaltsvorschusskasse zusätzlich geforderten Unterhalt nicht zahlen muss. Nichtsdestotrotz wies der Bundesgerichtshof darauf hin, dass es sich bei der Ersatzhaftung der Großeltern um eine Ausnahme handele. Denn dem Staat fehle es zum einen an einer Handhabe, den Unterhalt aktiv von den Großeltern einzufordern, und zum anderen haben Großeltern einen weit größeren Selbstbehalt als die Kindeseltern. Auch müsse bewiesen werden, dass andere leistungsfähige Verwandte vorhanden sind.

Das Oberlandesgericht Braunschweig hatte mit Beschluss vom 30.06.2021 (2 UF 47/21) darüber zu entscheiden, ob einem Großelternpaar das Recht zusteht, Umgang mit ihren Enkelkindern auszuüben.

Die Großeltern väterlicherseits beabsichtigten, mit gerichtlicher Hilfe einen regelmäßigen Wochenend- und Ferienumgang mit ihren Enkelkindern durchzusetzen. Die Eltern der betroffenen Kinder sind getrenntlebend und vertraten hierzu unterschiedliche Auffassungen: der Kindesvater sprach sich seinerseits für den Umgang aus und die Kindesmutter lehnte dies ab, da sich die Großeltern wiederholt abwertend über sie und ihre Familie geäußert hätten. Dabei hätten sie insbesondere die Herkunft und den Beruf der anderen Großeltern mütterlicherseits dafür angeführt, weshalb sie als Akademiker besser für die Förderung der Enkelkinder geeignet seien.

Das Oberlandesgericht Braunschweig erachtete das Verhältnis zwischen der Kindesmutter und den antragstellenden Großeltern für derart tiefgreifend zerrüttet, dass ihnen nach Auffassung des Senats kein Umgangsrecht nach § 1666 BGB zustünde. Dies begründete der Senat damit, dass die Enkelkinder zum einen in einen Loyalitätskonflikt geraten könnten und zum anderen bereits Anhaltspunkte dafür bestünden, dass die Großeltern väterlicherseits den verfassungsrechtlich eingeräumten Erziehungsvorrang der Kindeseltern missachteten. Beides sei dem Kindeswohl nach Auffassung des Senats nicht dienlich.

Dabei stützte sich das Oberlandesgericht Braunschweig vor allem auf die höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes mit Beschluss vom 12.07.2017 (XII ZB 350/16). Dort seien die Kriterien für die Beurteilung des Umgangsrechts von Großeltern für das Kindeswohl angelegt.

Die Ausübung des Umgangsrechts orientiert sich stets am Kindeswohl. Hierauf nimmt das Verhältnis zwischen den Kindeseltern und den Großeltern einen maßgebenden Einfluss.